14-09-2023

Wenn die Kleinsten die größten Probleme machen

Je kleiner die Bauteile, desto schwieriger sind sie zu entgraten. Das schafft schnell Probleme im Gesamtprozess. Auch die Thomeier Blechverarbeitung GmbH kennt das Problem und hat nun eine ideale Lösung gefunden. – Gerhard Maier

Denkt man nicht so genau darüber nach, unterliegt man leicht dem Glauben, dass größere Anlagen bezüglich des bearbeitbaren Teilespektrums auch die Flexibilität steigern. Bei vielen Technologien mag das auch der Fall sein. Geht es allerdings um das Entgraten von Bauteilen, dann führen große Anlagen immer wieder zu Problemen, wenn es um die Bearbeitung kleiner Bauteile geht. Das kann den Gesamtprozess schnell erheblich verzögern. Wenn man dann wie die Thomeier Blechverarbeitung GmbH aus Schöntal viele Bauteile fertigt, bei denen das Entgraten unabdingbar ist, braucht man auch für kleine Bauteile eine effiziente und prozesssichere Lösung. 1989 gegründet, fertigt Thomeier im Schwerpunkt mit seinen rund 100 Mitarbeitern Blechteile und Baugruppen für den Küchenbereich, die Lüftungsbranche und den Gerätebau. Dabei kommt hauptsächlich Edelstahl zum Einsatz. Um dem zunehmenden Kostendruck und Personalmangel entgegentreten zu können, verfolgt das Unternehmen dabei eine klare Strategie. „Wir versuchen, immer mit den modernsten Maschinen, die der Markt bietet, zu arbeiten. Allerdings wollen wir uns dabei von keinem Hersteller abhängig machen und investieren immer in die Anlagen, die am besten zu uns passen“, erklärt David Thomeier, Geschäftsführer der Thomeier Blechverarbeitung GmbH. Dass diese Strategie aufgeht, zeigt die Tatsache, dass das Unternehmen seit Gründung alle fünf bis sechs Jahre anbauen musste. Mittlerweile fertigt Thomeier auf einer Fläche von 5.000 m 2 . Beim Gang durch die Fertigung wird schnell deutlich, dass Automatisierung eine große Rolle in Schöntal spielt. Fahrerlose Transportsysteme, Roboteranlagen – auch mit kollaborierenden Robotern – kommen überall, wo es möglich ist, zum Einsatz. „Automatisierung ist für uns ein sehr wichtiges Thema, um Wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir bewegen uns meist im mittleren Stückzahlbereich. Da ist allerdings aus unserer Sicht noch nicht alles sinnvoll automatisierbar“, erklärt David Thomeier. Technologisch stehen Stanz-Laser-Maschinen im Mittelpunkt der Bearbeitung, zudem verfügt das Unternehmen über sechs Abkantpressen und setzt dabei neben dem Gesenkbiegen auch auf eine Schwenkbiegeanlage die vornehmlich bei Dünnblechen bis 2 mm und hohen Stückzahlern zum Einsatz kommt.

Das Entgraten ist für uns ein sehr wichtiges Thema, da wir sehr viel mit Edelstahl für den Küchenbereich arbeiten. Da muss alles entgratet werden. Zudem steigen die Ansprüche an die Bauteile stetig weiter, auch bei innliegenden Bauteilen. Ich schätze, dass mittlerweile 70 – 80 % aller Bauteile bei uns entgratet werden müssen“, erklärt David Thomaier weiter. Bisher standen zwei Entgratanlagen in der Fertigung von Thomeier. Schwierig wurde es allerdings immer dann, wenn die zu entgratenden Bauteile zu klein waren.

Probleme bei Bauteilen unter 200 mm

„Die Bauteile mussten mindestens eine Größe von 200 mm haben, damit der Entgratprozess sicher funktionierte. Bei kleineren Bauteilen griffen wir auf den Einsatz von Schablonen zurück. Aber auch das funktioniert nicht immer optimal“, erinnert sich David Thomeier.

Kein Wunder also, dass der Besuch von Fred Post, Gebietsverkaufsleiter von Q-Fin, mit dem Angebot einer passenden Entgratanlage für kleine Bauteile auf Interesse bei Thomeier stieß. Fred Post weiß um die Probleme mit dem Entgraten kleiner Bauteile. „Fast alle Blechbearbeiter haben Probleme mit dem Entgraten von kleinen Bauteilen. Legt man diese auf die große Maschine, bekommt man irgendwann Probleme. Und genau dafür haben wir unsere F200 XL Anlage für kleine Bauteile entwickelt, da es einen großen Anteil von Bauteilen unter 200 mm gibt. Die Anlage ist Ergebnis der Q-Fin-Firmenphilosophie, alle sechs Monate mit einer neuen Innovation auf dem Markt aufzutreten.“ Die Anlage, die Fred Post vorschlug, war die Q-Fin F200 XL. Eine 3-Stationen-Anlage, die sich für das Entgraten, Schleifen und Verrunden von Blechteilen ab 10 mm Größe eignet. Erste Einheit ist dabei ein Schleifenband, gefolgt von zwei gegenläufigen Topfbürsten. Damit verspricht Q-Fin neben gratfreien Bauteilen ein schönes Linienfinish und eine optimale, flexible und reproduzierbare Kantenverrundung. Die Geschwindigkeit des Förderbands ist von 0,3 – bis 8 m/min einstellbar.

 

Bauteile mit 10 mm Größe = kein Problem

Erhältlich ist das Förderband mit Vakuumoder Magnetunterstützung, damit ein fester Sitz der kleinen Bauteile gewährleistet werden kann. Mit Magnetunterstützung lassen sich laut Q-Fin Bauteile ab 10 mm x 10 mm bearbeiten. Beim Einsatz des Vakuumtisches beträgt die Mindestbauteilgröße 20 mm x 20 mm. „Die erste Frage war, ob denn die Teile auch liegen bleiben“, erinnert sich Fred Post. „In unserem Testzentrum habe ich dann die Teile aufgelegt, durch die Anlage laufen lassen und das ganze gefilmt. Das und ein weiterer Referenzbesuch haben dann überzeugt.“ In vielen Fällen käme alternativ zum Entgraten das Gleitschleifen zum Einsatz, was aber bei Bearbeitungszeit und auch Bearbeitungsergebnis – gerade, wenn die Bauteile noch innenliegende Löcher haben – Nachteile aufweise. Bei Thomeier läuft die neue FX 200 XL mit 6 m/min. Dabei werden 60 Bauteile pro Minute entgratet.

Rückführband erleichtert Entnahme

Ein weiterer Vorteil der Anlage ist das Rückführband für die Bauteile. „Für mich ist sehr wichtig, dass meine Mitarbeiter nicht immer um die Maschine herumlaufen müssen. Das ist einerseits sehr unangenehm, andererseits absolut ineffizient. Dazu kommt, dass man unsere Edelstahl-Bauteile nicht einfach in eine Kiste hineinfallen lassen kann, da dies die Oberflächen beschädigen würde“, erklärt David Thomeier und ergänzt: „Auf diese Weise kann unser Mitarbeiter vernünftig mit der Anlage arbeiten. Das muss auch die Zukunft für die Maschinenbedienung sein. Anlagen müssen in der heutigen Zeit allein schon aufgrund des Fachkräftemangels einfach und intuitiv zu bedienen sein.“

 

Leichte Bedienbarkeit

Auch in diesem Punkt konnte die FX 200 XL bei Thomeier überzeugen, bei der Entwicklung der Anlagensteuerung hat man bei Q-Fin großen Wert daraufgelegt, dass die Anlage schnell und leicht zu bedienen ist. „In unserer Steuerung sind schon sechs Programme, entstanden aus unseren Erfahrungen, hinterlegt. Zwei für Stahl, zwei für Edelstahl und zwei Programme für Aluminium. Der Mitarbeiter muss lediglich die Stärke der gewünschten Verrundung und die Blechdicke eingeben. Die Anlage schlägt dann die wesentlichen Parameter wie Vorschub, Umdrehungszahl der Bürsten und auszuwählende Schleifmittel vor.

Der Bediener braucht also kaum Vorwissen. Natürlich können eigene Programme hinterlegt werden“, erklärt Fred Post. Damit der Prozess zur Nachjustierung der Schleifenmittel nicht unterbrochen werden muss, sind die Bürstenmotoren bei Q-Fin mit Höhenmotoren ausgestattet, was die Nachjustierung der Schleifmittel im laufenden Prozess über die Steuerung erlaube. Auch die Kalibrierung der Anlage nach einem Austausch des Schleifmittels, die bisher üblicherweise noch manuell vorgenommen werden muss, soll laut Fred Post zukünftig über die Steuerung automatisiert werden. Dieses neue Feature komme möglicherweise noch in diesem Jahr auf den Markt.

„Q-Fin hat mit der Anlage gehalten, was es versprochen hat. Wir sind so beim Entgraten von Edelstahl bei jährlich 50.000 bis 80.000 Teilen signifikant schneller beim Entgraten. Das wirkt sich natürlich auf die Möglichkeiten in unserer Preisgestaltung aus und die Anlage amortisiert sich bei uns sehr schnell“, fasst David Thomeier zusammen.